Demokratisch 4. Oktober 2024 Patrick Risch

Politische Frage der Woche: Enteignungen

Wie im September-Landtag bekannt wurde, arbeitet die Regierung an einem neuen Strassenbau-Gesetz, das sich derzeit in der Vernehmlassung befindet. Nebst mehreren Punkten geht es dabei auch um das Enteignungsrecht. Denn oft ist es für die Regierung sehr herausfordernd oder gar unmöglich, Projekte im Strassenbau für öffentliche Verkehrswege und die Infrastruktur umzusetzen, die mit einem Landerwerb verbunden sind. Gemäss dem neuen Gesetz soll, sobald der Landtag die konkreten Infrastrukturprojekte genehmigt hat, die Regierung als rein politisches Organ in Enteignungsverfahren die entscheidende Behörde sein.

Was denken Sie über das neu geplante Strassenbau-Gesetz?

Ich sehe es als sehr kritisch, dass die Regierung in Zukunft alleinig über die Enteignung für Strassenbauzwecke entscheiden kann. Zugegeben, die komplexen Abläufe des aktuellen Exproprationsrechts mit dem Einbezug der Regierung,des Landtages und der Gerichte sind nicht dienlich. Dennoch ist dieses Vorgehen besser, als die Enteignung allein aufgrund eines Regierungsentscheids. Heute wird eine Enteignung mit der Behandlung im Landtag automatisch öffentlich und die Argumente die für oder gegen eine Enteignung stehen, sind durch die Behandlung im Landtag für die Allgemeinheit transparent nachvollziehbar. Regierungssitzungen hingegen sind geheim und die Protokolle nicht öffentlich einsehbar.

Allein der Fakt, dass das Gesetz über das Verfahren in Expropriationsfällen aus dem Jahr 1887 stammt, gibt Hinweis darauf, wie dringend notwendig eine Totalrevision wäre.  Jetzt aber die Enteignung zugunsten des Strassenbaus herauszulösen, ist der Sache nicht dienlich. Enteignungen müssen öffentlich verhandelt werden, egal welchem Zweck sie dienen. Der Kanton Aargau hat dafür beispielsweise eine spezifische Abteilung im Gerichtswesen, die sich um das heikle Thema kümmert. Das wäre auch eine Möglichkeit für Liechtenstein.

Ganz nebenbei sind in Liechtenstein auch noch weitere Gesetze in Kraft, die vor 1900 in Kraft getreten sind. So beispielsweise das Gesetz der Baukonkurrenzpflicht der Kirchenbauten aus dem Jahr 1868. Ein weiteres Gesetz, das so alt ist, dass es niemand richtig versteht. Auch hier wäre eine Ablösung durch eine zeitgemässe Regelung notwendig.