Für ein modernes Verhältnis zwischen Staat und Religion
In der Mai-Sitzung behandelt der Landtag die parlamentarische Initiative der Freien Liste zur Neuregelung des Verhältnisses zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften. Die Kernforderung, Staat und Kirche zu trennen, ist kein Angriff auf religiöse Werte. Sie ist ein Gebot rechtsstaatlicher Fairness und Ausdruck gelebter Religionsfreiheit. In einem modernen, demokratischen Staat darf religiöse Zugehörigkeit keine Voraussetzung für institutionelle Anerkennung oder finanzielle Unterstützung sein. Doch genau das ist heute der Fall: Die römisch-katholische Kirche hat Verfassungsrang und ist damit strukturell und finanziell bevorzugt. Andere Glaubensgemeinschaften bleiben aussen vor. Diese Ungleichbehandlung ist nicht mehr zeitgemäss. Sie widerspricht dem Prinzip der Rechtsgleichheit und stellt die Glaubensfreiheit in Frage. Unsere Initiative setzt hier an — sachlich, rechtlich fundiert und offen für den Dialog.
Ziel ist es nicht, Religion aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen, sondern staatliche Strukturen von einseitiger konfessioneller Bindung zu lösen. Für alle anerkannten Glaubensgemeinschaften sollen die selben Rechte und Pflichten gelten, wenn es um staatliche Unterstützung geht. Und, wer öffentliche Gelder erhält, muss Verantwortung übernehmen. Deshalb umfasst die Initiative auch die Forderung nach einem verpflichtenden Schutzkonzept. Es darf erwartet werden, dass Religionsgemeinschaften den Schutz ihrer Mitglieder ernst nehmen — etwa vor sexuellem oder spirituellem Missbrauch und vor Radikalisierung.
Statt der Zementierung historisch gewachsener Privilegien brauchen wir ein modernes System, das Gleichbehandlung sicherstellt. Eine konsequente Trennung von staatlichen Aufgaben und kirchlichen Strukturen schützt sowohl den säkulären Staat als auch die Glaubensfreiheit der Menschen. Unsere Initiative wurde sorgfältig überarbeitet, rechtlich abgesichert und auf einen breiten gesellschaftlichen Dialog ausgerichtet. Kritische Punkte wie das Inkrafttretensdatum und zentrale Gesetzesformulierungen wurden angepasst. Die Regierung hat inzwischen bestätigt, dass die Initiative verfassungskonform ist. Jetzt liegt es am neuen Landtag, den Weg für eine offene, sachliche Debatte zu ebnen. Eine Diskussion über die Rolle der Religion im öffentlichen Leben ist überfällig. Nicht gegen Religion, sondern für Gleichbehandlung, den Schutz der Mitglieder anerkannter Religionsgemeinschaft und gesellschaftlichen Fortschritt.