Demokratisch 27. April 2025 Sandra Fausch

Politische Frage der Woche: 30 Jahre EWR

Liechtenstein ist seit dem 1. Mai 1995 Mitglied im EWR. Die Vorteile des Abkommens überwiegen aus Sicht der Regierung bei Weitem. Wie das «Vaterland» berichtete, sei es erfreulich, dass die positive Wahrnehmung des EWR in der Bevölkerung einzig von den vertraglichen Beziehungen Liechtensteins und der Schweiz übertroffen werde, wie eine Befragung zeigte. Kritik am EWR beziehe sich auf die hohe Regulierungsdichte und den bürokratischen Aufwand. Die hohe Anzahl noch nicht übernommener EU-Rechtsakte, die schon in Kraft seien, stelle ein Problem dar und belaste das bilaterale Verhältnis zur EU, da der Eindruck des «Rosinenpickens» entstehe. Nicht immer gelinge es, solche Rechtsakten wegen des Einstimmigkeitsprinzips zügig zu übernehmen. 

Welches Fazit ziehen Sie nach 30 Jahren EWR?

Ich war gerade Mal sechs als Liechtenstein dem EWR beigetreten ist. Drei Jahrzehnte nach dem EWR-Beitritt bin ich der Meinung: Die Integration in den Europäischen Wirtschaftsraum brachte viele Fortschritte – insbesondere in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Umweltstandards und transnationaler Zusammenarbeit. Der Zugang zum Binnenmarkt sicherte Stabilität und Innovation, gleichzeitig wurden wichtige EU-Standards übernommen, die beim Umwelt- aber auch Konsument:innenschutz neue Masstäbe setzen, beispielsweise an mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung für grosse Unternehmen.

Doch auch aus progressiver Sicht bleibt Kritik notwendig: Die demokratische Mitbestimmung im EWR-Prozess ist begrenzt, und gerade im sozialen Bereich braucht es stärkere Schutzmechanismen gegen Lohndruck. Es gilt wachsam zu bleiben, wenn Mitgliedstaaten wie Ungarn zunehmend autokratische Tendenzen zeigen, sich aber gleichzeitig am EU-Ausgleich bedienen – während sie europäische Grundwerte missachten.

Besonders problematisch erachte ich die UPOV91 Klausel in Freihandelsabkommen.

Sie schützt vor allem die Interessen grosser Agrarkonzerne auf Kosten der kleinbäuerlichen Landwirtschaft im globalen Süden und gefährdet so die Ernährungssicherheit. Eigenes Saatgut der Bauern darf oft nicht mehr frei genutzt oder weitervermehrt werden. Das zerstört nicht nur uraltes Wissen und die Sortenvielfalt, sondern entzieht den Ländern ihre Selbstbestimmung. Aus Sicht der globalen Gerechtigkeit ein enormer Rückschritt- mitgetragen auch von Liechtenstein.

Der EWR bleibt wichtig–seine Weiterentwicklung mit Fokus auf demokratische Tiefe, soziale Ausgewogenheit und ökologische Verantwortung aber ebenso.