Politische Frage der Woche: Anreize für längere Erwerbstätigkeit
In der Schweiz wird die AHV reformiert. Unter anderem steht die längere Erwerbstätigkeit im Fokus mit finanziellen Anreizen, damit es für Senioren lohnenswert wird, länger im Berufsleben zu bleiben. Auch in Liechtenstein müssen bezüglich der AHV Massnahmen getroffen werden, wie aus dem anfangs Mai veröffentlichten Geschäftsbericht der AHV-IV-FAK-Anstalten hervorgeht. Wie aus einem Interview in der Liewo im April mit Walter Kaufmann, Direktor der Liechtensteinische AHV-IV-FAK, zu entnehmen ist, entscheiden sich rund 50 Prozent für einen Vorbezug der Rente. Was über kurz oder lang kommen werde, sei die Erhöhung des Referenzalters von 65 Jahren.
Was würden Sie von Anreizen für eine längere Erwerbstätigkeit halten?
Grundsätzlich sind solche Anreize zu begrüssen, da sie das Potenzial älterer Arbeitnehmer:innen nutzen und Sozialsysteme entlasten. Allerdings müssen solche Systeme fair gestaltet sein, um negative Konsequenzen zu vermeiden.
Es darf keine Bestrafungen für Menschen geben, die aus verschiedenen Gründen früher aus dem Arbeitsleben ausscheiden müssen. Viele sehen sich gezwungen, vorzeitig in die Frühpension zu gehen, weil ihnen z.B. mit 60 Jahren gekündigt wird und die Wirtschaft oftmals immer noch Probleme bekundet älteren Menschen wieder eine Stelle zu bieten. In solchen Fällen wäre es ungerecht, diese Personen zusätzlich zu benachteiligen.
Es gibt auch viele Fälle in denen Menschen einfach nicht mehr physisch oder psychisch in der Lage sind bis zum gesetzlichen Pensionierungsalter oder darüber hinaus zu arbeiten. Der Arbeitsmarkt wird immer vielschichtiger und fordernder. Viele Menschen werden von der Arbeit ausgebrannt. Die Wirtschaft fordert in vielen Fällen immer mehr von ihren Angestellten, kommt aber ihrer Fürsorgepflicht nicht mehr ausreichend nach.
Ein weiteres Problem, das angegangen werden muss, sind die Pensionskassen. Wenn man heute aus dem Erwerbsleben — aus welchen Gründen auch immer — ausscheidet, so erlischt die Versicherung und das angesparte Geld muss auf ein Freizügigkeitskonto deponiert werden, wo es praktisch keinen Zins gibt.
Anreizsysteme für längeres Arbeiten können sinnvoll sein, müssen aber fair gestaltet sein. Gleichzeitig müssen aber auch die Probleme auf dem Arbeitsmarkt und in den Pensionskassen angegangen werden, um nachhaltige Lösungen zu schaffen.