Demokratisch 11. Mai 2024 Tatjana As’Ad

Politische Frage der Woche: KI

Die Vaduzer Medienhaus AG startete im Rahmen der Schweizer Jugendmedienwoche ein Experiment: Nachrichten von vaterland.li werden mittels ChatGPT in Jugendsprache übersetzt und auf brudiland.li ausgegeben. Damit soll ein jüngeres Publikum erreicht werden und jene, die sich bislang nicht für Nachrichten interessieren. Auch die Sektion Gewerbliche Industrie der Wirtschaftskammer Liechtenstein treibt das Thema um: Sie organisierte einen Vortrag zur Frage «KI/AI: Was ist das, was kommt da auf uns zu?». Regierungschef Daniel Risch betonte: Die Landesverwaltung ist offen gegenüber dem Thema, wichtig ist, KI mit Verstand und Transparenz zu nutzen.

Nachrichten und Inhalte mit künstlicher Intelligenz – Chance oder Gefahr?

Innert Sekunden kreieren KI-Systeme Texte, Bilder oder Musikstücke. Sie können für vorab definierte Ziele Prognosen erstellen, Empfehlungen abgeben oder gar Entscheidungen treffen. Damit haben algorithmische Systeme natürlich ein enormes Potenzial, um Arbeitsprozesse zu erleichtern und diese effizienter zu gestalten. Die Chancen, dadurch konkrete Verbesserungen für die Gesellschaft zu erzielen, sind also gross. Allerdings nur dann, wenn wir uns den Tücken und Gefahren der KI-Systeme bewusst sind und diese aktiv eindämmen. Wie und mit welchen Daten die Systeme gefüttert werden und was am Schluss dabei rauskommt, ist eine eminent politische Entscheidung. Einerseits sind Daten und insbesondere Datensätze selten komplett neutral, auch wenn Big Tech seit Jahren eine andere Grundidee propagiert. KI-Systeme übernehmen alle Ungerechtigkeiten, Rassismen oder Sexismen aus den vorliegenden Daten. Hat ein System einen solchen «Bias», also eine Verzerrung im vorliegenden Datensatz, einmal erlernt, wird dieser widergespiegelt und oft sogar potenziert. Damit kann bestehende Ungerechtigkeit und Diskriminierung durch KI zusätzlich verstärkt und aktiv hervorgebracht werden. Andererseits droht ein demokratisches Desaster, wenn Algorithmen sowie KI-generierte Texte und Bilder Informationskanäle mit Unwahrheiten und Propaganda überschwemmen. Wie die Systeme trainiert werden und welche Technologien für welche Zwecke angewendet werden sollen, darf deshalb nicht einfach einigen wenigen Firmen überlassen werden, die keiner demokratischen Kontrolle unterliegen und niemandem gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Genau das ist heute allerdings der Fall: Umso mehr Daten, desto leistungsfähiger ist auch die KI. Mit der Grösse steigen aber auch die Kosten exorbitant. Kleinere, nichtkommerzielle Unternehmungen und Universitäten haben den Anschluss längst verloren. Die gängigen, öffentlich zugänglichen Tools (ChatGPT, Midjourney etc.) werden von einer Handvoll privatwirtschaftlichen Firmen betrieben. Damit nicht nur die Konzerne, sondern wirklich alle Menschen von KI-Systemen profitieren, braucht es zwingend demokratische Kontrolle und Regulierung. Ob die Chancen oder Gefahren der KI überwiegen, ist fundamental abhängig davon.