Sozial 30. August 2024 Tatjana As’Ad

Für eine Wirtschaftspolitik, die Perspektiven für alle schafft

Globalisierung, Digitalisierung und Klimakrise stellen die Weltwirtschaft vor grosse Herausforderungen, die auch vor dem liechtensteinischen Werkplatz nicht haltmachen. In diesen Zeiten des schnellen Wandels muss Wirtschaftspolitik Sicherheit schaffen und dafür sorgen, dass der Fortschritt allen dient.

Der Wirtschaft geht es gut, wenn es den Menschen gut geht. Schliesslich ist der Werkplatz immer auf Arbeits- und Kaufkraft angewiesen. Attraktive sozialpolitische und infrastrukturelle Rahmenbedingungen sind entscheidend, um Fachkräfte im Land zu halten und den Wirtschaftsstandort Liechtenstein langfristig zu sichern. Die Freie Liste setzt sich zudem für eine Volkswirtschaft ein, die aktiv dazu beiträgt, der Klimaerwärmung entgegenzuwirken. Der Schutz unserer Lebensgrundlage und ein schonender, nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen ist dabei nicht einfach «notwendiges Übel», sondern bietet auch ökonomisch grosse Chancen.

Gleichstellung schaffen, Potenzial fördern

Die Freie Liste hat sich in der vergangenen Legislatur auf verschiedenen Ebenen für Chancengerechtigkeit und die wirtschaftliche Gleichberechtigung aller stark gemacht. Weil eine Gesellschaft und damit auch die Volkswirtschaft nicht ohne Care- und Sorgearbeit funktionieren kann, muss diese politisch und finanziell aufgewertet werden. Eine gelungene nationale Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist dabei zentral. Für uns sind eine ausreichend bezahlte Elternzeit in Kombination mit weiteren verbindlichen Massnahmen sowohl gesellschaftspolitisches Bedürfnis als auch wirtschaftspolitische Notwendigkeit. Flexible Arbeitsregelungen, eine gesetzlich geregelte Möglichkeit auf zeitlich begrenzte Reduktion vom Arbeitspensum zur Kinderbetreuung, der Ausbau von bezahlbaren ausserfamiliären Betreuungsplätzen und Jobsharing auf Führungsebene erachten wir als besonders wichtig. Wir sind überzeugt, dass die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Liechtensteins davon profitiert: In Zeiten des Fachkräftemangels muss der Standort für Arbeitnehmer:innen attraktiv bleiben und verhindert werden, dass qualifizierte Arbeitskräfte (insbesondere Frauen) aus dem Erwerbsleben ausscheiden, weil dieses nicht mit der Haus- und Fürsorgearbeit vereinbar ist. Während die einen bereits vorhandenes Potenzial aufgrund äusserer Umstände nicht vollumfänglich einbringen können, können andere ihr Potenzial erst gar nicht richtig entfalten. Bildungsgerechtigkeit, frühe Förderung und lebenslange Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sind grundlegende Faktoren für die Produktivität einer Volkswirtschaft. Gerade in einer Zeit, in der technologische Entwicklungen rasant voranschreiten, sind Investitionen in unser Bildungswesen von grosser Bedeutung. Um zu verhindern, dass Menschen von den veränderten Anforderungen abgehängt werden, arbeiten wir beispielsweise an einer Reform der Stipendienregelung. Damit Umschulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten nicht länger von sozioökonomischen Faktoren abhängen, soll das Kriterium der Altersbegrenzung im Stipendiengesetz angepasst werden.

Kaufkraft der tiefen und mittleren Einkommen stärken

Steigende Lebenshaltungskosten, überteuerte Mieten und die Kopfprämien der Krankenkasse schmälern die Kaufkraft bei den geringen und mittleren Einkommen. Langfristig spüren das nicht nur die betroffenen Privathaushalte, sondern ganze Branchen und Wirtschaftssektoren. Insbesondere Klein- und Einzelgewerbe im Dienstleistungssektor, der Gastronomie und in der Bau- und Immobilienbranche generieren ihre Wirtschaftsleistung durch unsere Binnennachfrage. Wenn das frei verfügbare Einkommen von einem Grossteil der Bevölkerung kleiner wird, dann hat das mitunter gravierende Konsequenzen für lokale Betriebe. Unser Einsatz für Lohngerechtigkeit und die Eindämmung der steigenden Lebensunterhaltskosten — aktuell etwa mit der Initiative für erwerbsabhängige Krankenkassenprämien, die die Gesundheitskosten gerechter verteilen und damit insbesondere den Mittelstand entlasten soll — verfolgen also keinen reinen Selbstzweck. Vielmehr sind sie die Basis für eine florierende und diverse Wirtschaft.

Sicherheit und Innovation

Die Freie Liste ist überzeugt, dass von sozialverträglicher Klimapolitik alle profitieren. Im Arbeitsalltag trägt etwa der Ausbau des öffentlichen Nah- und Langsamverkehrs dazu bei, dass Arbeitnehmer:innen ihre Arbeitswege nicht nur umweltfreundlich, sondern auch effizient und stressfrei gestalten können. Im grösseren Kontext kann mit dem konsequenten Ausbau von erneuerbarer Energie die Abhängigkeit von Energieimporten verringert werden, was die Kosten langfristig senkt und zur Planungssicherheit beiträgt. Ausserdem sehen wir im Umbau in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft einen Treiber für Innovation. Uns ist bewusst, dass dafür erstmals grosse Mengen an Kapital benötigt werden. Innovative Firmen, die sich um nachhaltige Produkte kümmern und gute Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen wollen, sollten bei Bedarf dabei unterstützt werden. Eine Möglichkeit, die wir in der Vergangenheit bereits zur Diskussion gestellt haben und auch künftig weiterverfolgen möchten, ist die Einrichtung eines öffentlichen Zukunftsfonds. Unterstützenswerte Vorhaben könnten durch günstiges Risikokapital gefördert und der Prozess demokratisch gesteuert werden. Letztlich verfolgen wir mit unseren (Wirtschafts-)politischen Forderungen immer das Ziel, Perspektiven für alle zu schaffen. Denn nur in einem sozial und ökonomisch gerechten Umfeld kann der Wohlstand für die Gesamtgesellschaft nachhaltig gesichert werden.