Demokratisch 4. Februar 2023 Fraktion

Da ist er wieder…

… der scheinbar nicht zu unterdrückende Reflex Einzelner, sich nach einer — im Ergebnis sehr deutlichen — Volksabstimmung unsachlich bis despektierlich äussern zu müssen. Eine (Verfassungs-)Initiative ist ein Volksrecht, ein demokratisches Mittel, das Volk über einen legitimen Sachverhalt abstimmen zu lassen, der an der Wahlurne mit einem Ja oder Nein beantwortet wird. Das Risiko, am Abstimmungssonntag mit seiner höchstpersönlichen Meinung einer Minderheit anzugehören, ist einzugehen und auszuhalten. Vor allem dann, wenn bei einer Vorlage — Achtung! — auch noch Wohlstandsverlust suggeriert wird. Hinter der Frage, ob ein Casinoverbot in die Verfassung aufgenommen werden soll, kann für die Antwort darauf eine Reihe an weiteren Abwägungen stehen, die einem klaren «Ja» entgegenstehen und deshalb viele wohl ein «Nein» im Sinne von «Nein, aber…» ankreuzten. Während der Wirtschaftskammer-Geschäftsführer sich unmittelbar nach der Abstimmung darüber freute, «dass der Wähler vernünftig abwiegen könne, was in ein Gesetz, was in eine Verordnung und was in die Verfassung gehöre» und damit an der grundsätzlichen Casino-Problematik vorbei argumentierte, orakelte der Redakteur einer hiesigen Zeitung, dass die Volksmeinung nun klar und deutlich sei und Regierung und Landtag deshalb endlich ihren Aktionismus in Bezug auf strengere Regulierungen einstellen sollen. Interessant ist, dass das Liechtenstein Institut in seiner vor der Abstimmung durchgeführten Umfrage u.a. zum Schluss kommt, dass einer Mehrheit der Stimmenden ein Verbot zwar zu radikal, die Casinodichte jedoch eindeutig zu hoch sei. Einig ist man sich darin, dass der Geldspielmarkt eine stärkere Regulierung braucht als andere, weil er eben höhere Risiken birgt. Die Umfrage brachte auch zutage, dass die Mehrheit der Nein-Stimmenden ihren Entscheid nicht als Freifahrtschein für eine komplette Liberalisierung des Geldspielmarktes sieht.  Ein geradezu  eigenartiges Demokratieverständnis zeigte sich in Leserbriefen, in denen bedauert wird, dass das Steuergeld, das diese Abstimmung gekostet habe, nicht für einen guten und sinnvolleren Zweck verwendet wurde. Weiter wurde den Initianten geraten, den «unsäglichen Verein aufzulösen und sich zu verziehen». Ganz nach dem immer wiederkehrenden Reflex: «Wenn’s der ned passt, kascht jo go». Deshalb zum Abschluss, frei nach Gerhard Polt: «Der Freistaat Bayern, das ist eine Demokratie: Kein Mensch hier bei uns wird gezwungen, eine Minderheit zu sein. Ein jedweder hat das Recht, sich zur Mehrheit zu bekennen».