Demokratisch 23. April 2023 Georg Kaufmann

Politische Frage der Woche — Justizreform

Im Februar präsentierte Regierungsrätin Graziella Marok-Wachter die Justizreform für Liechtenstein. Das Obergericht sowie der Oberste Gerichtshof sollen zu einem neuen Obergerichtshof verschmelzen. Darunter fällt auch der Verwaltungsgerichtshof (VGH). Grund für diese Reform sind zu viele Richterinnen und Richter im Nebenamt, die hauptberuflich als Anwältin oder Anwalt tätig sind und zu wenig Fälle. Der Präsident des Obersten Gerichtshof, Hubertus Schumacher, sieht darin jedoch einen Rückschritt um 200 Jahre, wie er gegenüber Radio L sagte. Er befürchtet grosse Risiken für den Wirtschafts- und Finanzplatz, der sich durch eine «stabile und unabhängige Rechtsprechung» auszeichne.

Was halten Sie von der Justizrefom der Regierung?

Dass das Gerichtswesen einer umfassenden Reform unterzogen werden soll, erachte ich als sehr sinnvoll. Auslöser dafür ist der letzte GRECO Bericht, welcher Liechtenstein im Bereich der Gerichte zu mehr Professionalität rät. Derzeit sind in Liechtenstein 20 Richterinnen und Richter vollamtlich und 43 im Nebenamt angestellt. Das Risiko von Interessenkonflikten ist gemäss GRECO höher, wenn die Richterinnen und Richter neben ihrem Richteramt anderen anwaltlichen Tätigkeiten nachgehen. Dies führt tatsächlich dazu, dass diese Richterinnen und Richter regelmässig Fälle abgeben und wir Abgeordneten ebenso regelmässig Ad-hoc-Richterinnen und Ad-hoc-Richter bestellen müssen. Die nun präsentierte Lösung soll einerseits durch mehr vollamtliche Richterpersonen zu mehr Professionalität führen und andererseits den Instanzenzug reduzieren: Der neue „Obergerichtshof“ wäre in allen Rechtsgebieten und Verfahren die einzige ordentliche Rechtsmittelinstanz. Gegen die Entscheide des Landgerichts, der Gemeinden, der besonderen Beschwerdekommissionen, der Landesbehörden und der Regierung stünde damit nur noch ein Rechtsmittel an den Obergerichtshof zur Verfügung. Bei mir als „Gerichts-Laien“  stösst dieser Vorschlag, dass der ordentliche Rechtsmittelzug um eine Instanz gekürzt werden soll, auf wenig Gegenliebe. Ich bin mir auch nicht sicher, was GRECO von dieser Lösung halten wird, sind doch drei Instanzen im europäischen Gerichtswesen üblich und weit verbreitet. Ich bin aber gespannt auf die Stellungnahmen zu dieser Frage. Im Übrigen sollen im Rahmen dieser Justizreform noch andere und sehr sinnvolle Änderungen umgesetzt werden, die ich unterstützen werde.