Demokratisch 4. Juli 2023 Jakob Becker

Politische Frage der Woche — Transparenz im Gemeinderat

Wer in den Gemeinderäten Liechtensteins wie abstimmt, ist geheim. Ein Gemeinderat darf sein Abstimmungsverhalten mitteilen, aber nicht das seiner Kollegen. Nun gibt es Bestrebungen, das Abstimmungsverhalten mit Namensnennung offenzulegen. Dies würde eine transparentere Politik ermöglichen und den Amtsträgern eine offene Kommunikation mit der Bevölkerung erlauben, begründete die VU-Fraktion Ende Mai in einem entsprechenden Antrag im Vaduzer Gemeinderat. Damit werde das Vertrauen in den Gemeinderat gestärkt, glaubt die VU. Dagegen sprechen laut dem Liechtenstein-Institut das Gemeinde- wie das Informationsgesetz, wonach Sitzungen des Gemeinderates vertraulich sind. 

Wie stehen Sie zu einem transparenteren Gemeinderat?

Bei der Abstimmung am 06.06. hat der Gemeinderat Vaduz knapp einen Antrag der VU-Fraktion abgelehnt. Der Antrag sah vor, dass das Stimmverhalten der GR-Mitglieder im Protokoll mit einem „Ja“ oder „Nein“ neben deren Kürzel veröffentlicht wird. Ich und die Freie Liste unterstützen Transparenz, sie muss aber korrekt umgesetzt sein.

Im Gemeinderat werden sorgfältige Abwägungen sachlicher Gründe und Interessen vorgenommen, die zu knappen Entscheidungen führen können. Gerade bei solchen Situationen halte ich es für unverzichtbar, meine Beweggründe erläutern und sichtbar zu platzieren zu können. Nur ein «Ja» oder «Nein» neben meinem Namen kann durchaus dazu führen, dass überhastete Schlüsse derer gezogen werden, die von der Abstimmung betroffen sind. Diese Personen müssen ohne grosses Suchen sehen können, warum die Entscheidung so ausgefallen ist. Meiner Ansicht ist unverzichtbarer Bestandteil der Offenlegung, dass die Beweggründe sich direkt neben dem Abstimmungsverhalten im Protokoll finden. Bedauerlicherweise wurde die Protokollierung im besagten Antrag nicht thematisiert.

In einer überschaubaren Gemeinschaft wie in Vaduz darf man zudem nicht außer Acht lassen, dass externe Faktoren das Stimmverhalten beeinflussen könnten, wenn dieses veröffentlicht wird. Gemeinderatsmitglieder sollten jedoch die Freiheit haben, im besten Interesse der Gemeinde abzustimmen, ohne möglichen Repressalien ausgesetzt zu sein. Daher ist es von essentieller Bedeutung, die Rahmenbedingungen eines solchen Antrags im Gremium im Vorfeld gemeinsam zu besprechen. Auch dies geschah im konkreten Falle nicht.